Unsere Behandlung beginnt mit einer ausführlichen Anamnese Ihrer gesamten Krankheitsgeschichte. Ein vollständiges Bild, inklusive Nebenerkrankungen, Ernährungsstatus und weiteren Lebensstilfaktoren, ist unerlässlich. Es ist auch sehr wichtig, über Ihren Medikamentenstatus informiert zu sein, da verschiedene Medikamente, insbesondere Kortison, die Belastbarkeit negativ beeinträchtigen können.
Im nächsten Schritt wird der IST-Zustand dargestellt. Dies geschieht durch funktionale Tests, Fragebögen, Inbody-Messungen (Körperzusammensetzung), sowie die Erhebung von Daten über Ernährungsstatus, Schlaf, Aktivität und Krafttests der großen Muskelgruppen. Basierend auf diesen Informationen erstellen wir einen individuellen Behandlungsplan, der sich an den Zielen des Patienten orientiert. Hierbei stehen Funktionalität im Alltag, der Erhalt oder das Erreichen größtmöglicher Selbstständigkeit sowie medizinische, berufliche, soziale und mentale Ziele im Fokus.
Sowohl akut nach einem Krankheitsschub als auch langfristig wird die Behandlung durch Trainingstherapie gestaltet. Eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining wird empfohlen. Studien zeigen, dass Menschen mit eingeschränkter Muskelfunktion und reduzierter Kraft eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, eine beeinträchtigte Lebensqualität zu erfahren und ein erhöhtes Risiko für Nebenerkrankungen haben (45, 46). Krafttraining hat zudem positive Auswirkungen auf Gehleistung, Spastik, Müdigkeit, Gleichgewicht, Ausdauer, depressive Verstimmungen, den allgemeinen Krankheitsverlauf und die Krankheitsaktivität.2,3,5,6,8,9,10,11,12,13,14,15,48 Regelmäßige körperliche Aktivität hat auch positive Effekte auf das Nervensystem. Sie verbessert das Umfeld des Nervensystems, was die Regeneration der Myelinscheide ermöglicht. Es werden Wachstumsfaktoren und Enzyme ausgeschüttet, die zur Verhinderung und Behandlung der Demyelinisierung beitragen.7
Wie im Verlauf beschrieben, baut das Gehirn von MS-Erkrankten schneller ab als das von Gesunden. Kraft- und Ausdauertraining kann diesem Prozess entgegenwirken. Studien haben gezeigt, dass sowohl Herz-Kreislauf- als auch Krafttraining die Hirnfunktion verbessern. Die Verbindungen im Gehirn, die für Koordination und Bewegung wichtig sind, werden gestärkt.52 Zudem wird die Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Stärke und Zusammenarbeit der Nervenbahnen im Gehirn positiv beeinflusst.53 Training kann auch die Menge der grauen Substanz erhöhen, die für Muskelkontrolle und Sinneswahrnehmung wichtig ist.60,61 Ein 24-wöchiges intensives Krafttraining zeigte, dass das gesamte Hirnvolumen besser erhalten werden konnte und wichtige Bereiche des Gehirns sich vergrößert haben. Diese Patienten zeigten auch bessere Leistungen in kognitiven Tests.62