Wie man durch Krafttraining Knochenwachstum anregt – Erfolgsstory Veronika Peeters

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„Ich hatte mir Anfang Oktober 2020 den linken Unterschenkel mehrmals gebrochen. Einfach nur auf einem kleinen Stück Holz ausgerutscht. Ich wurde geplattet, mehrfach verschraubt und ich hatte eine lange Schonphase.

Ich bin schon lange für die allgemeine Fitness bei MYOKRAFT und habe auch in der Zeit meinen Zirkel gemacht (so gut es ging). Eine CT-Aufnahme im März 2021 zeigte kein Knochenaufbau, Quasi Stand nach OP. Man stellte mir eine weitere OP in Aussicht.

Ich suchte Rat bei Michael Bol. Er war der Meinung, dass meine Ruhephase viel zu lang war und stellt mit meinem Einverständnis, ein Krafttrainings Programm, gezielt auf Knochenheilung und -wachstum, auf. 3x die Woche zum Training, nicht immer ein Vergnügen. Nick hat zwischendurch das Programm wieder angepasst. Die Therapeuten hatten schon den Elan zum Erfolg.

Zwei Monate danach, gab es das nächste CT. Jeder hat sich gewundert, einschließlich der behandelte Chirurge. Knochenwachstum voll im Gang – deutlich auf den Bildern zu sehen. Das Training hat sich gelohnt. Darüber hinaus habe ich keine Schmerzen mehr und kann alles gut bewegen. Ich laufe wieder 1a (na ja 1b).

Ich möchte mich hiermit bei allen bedanken, die mir auf diesem Weg geholfen haben. Für den Rat zum Training und für die Überzeugung, dass es klappt. Es hat sich gelohnt.“

Veronika

Erfolgsstory Veronika Peeters

Du fragst dich bestimmt, wie zwei Monate Krafttraining so ein Ergebnis bringen?

Krafttraining ist doch Muskeltraining, oder? Die Antwort ist ja, aber nicht nur. Fakt ist, dass beim Krafttraining sich nicht nur unsere Muskulatur anpasst, sondern alle Strukturen, die während des Trainings belastet werden. Heißt Gelenke, Bänder, Kapsel, Knorpel, Bandscheiben und vor allem auch Knochen. Krafttraining wird daher auch als eine der mächtigsten, nicht-pharmazeutischen Frakturpräventionsstrategien gesehen bei Frauen in/nach der Postmenopause. 1, 2

Belastung, oder noch besser gesagt progressive Belastungssteigerung, erhöht die Größe und Stärke des Knochens, schaue dir hier unten den Wurfarm im Vergleich zum nicht werfenden Arm in diesem Baseballpitcher an. Dein Arm würde zerbrechen, wenn er den gleichen Belastungen ausgesetzt wäre wie der Pitcher.

Knochendichtevergleich

Warum und wie reagiert Knochengewebe auf Belastung?

Unser Skelett an sich ist sicherlich kein totes Gewebe. Wie lebendig und aktiv die Knochenzellen sind, zeigt die Tatsache, dass sich das Skelett in weniger als zwei Jahre vollständig erneuert. Für den Knochenaufbau sind drei verschiedene Arten von Zellen zuständig:

  • Osteoklasten lösen alten oder brüchigen Knochen auf.
  • Osteoblasten bilden neues Knochengewebe.
  • Osteozyten liegen im Knochen und erfassen die Belastung und koordinieren entsprechend den Knochenauf- oder Knochenabbau, also die Aktivität von Osteoblasten und Osteoklasten.

In folgendem Video wird die Funktion der Osteoblasten, -klasten und -zyten noch mal animiert:

Mit zunehmendem Alter nimmt die Knochendichte langsam ab. Dies liegt an einer nachlassenden Aktivität der Osteoblasten. Spätestens ab 40. Lebensjahren und vor allem bei Frauen nach den Wechseljahren wird immer weniger neues Knochengewebe aufgebaut, was zur Osteoporose (Knochenschwund) führen kann. Dieser Prozess lässt sich durch Krafttraining entgegenwirken und sogar umdrehen.

Durch ein intensives Krafttraining steigt der Blutspiegel eines Wachstumsfaktors an, der die Knochenbildung stimuliert. Gleichzeitig sinkt das Gehalt an Sclerostin – einem Signalprotein, dass den Knochenabbau fördert. Wichtig hierfür ist aber, dass die Intensität des Trainings hoch ist und man mit der Zeit die Belastung erhöht (progressive Belastungssteigerung). Sportliche Betätigungen wie Schwimmen oder Fahrradfahren sind zwar gut für Herz und Kreislauf, stimulieren aber das Knochenwachstum nicht. Auch Übungen mit Pezzibällen, Therabänder und Wasserflaschen reichen von der Intensität her nicht für den Knochenaufbau. Genau deswegen hatte Veronika im Trainingsplan Übungen wie Kreuzheben, Kniebeugen, Beinpresse, Wadeheben und Ausfallschritten. Alle Übungen wurden mit relativ viel Gewicht und wenig Wiederholungen ausgeführt und mit der Zeit haben wir das Gewicht erhöht.

Krafttraining allein ist aber nicht alles…

Um Strukturen aufzubauen, brauchen wir nicht nur Trainingsreize, sondern auch Bausteine. Bausteine holen wir uns aus unserer Ernährung. Besonders wichtig (und allgemein bekannt) für Knochenaufbau ist Vitamin D und Kalzium. Allerdings wird ein wichtiger Baustein für Knochenaufbau oft unterschätzt, ignoriert oder sogar schlecht gemacht: Protein.

Proteine haben einen positiven Einfluss auf die Knochenstruktur – sie machen 50% des Knochenvolumens aus – allerdings kann (zu wenig) Protein einen negativen Einfluss auf die Knochenqualität haben. Dies hängt unter anderem von der Proteinmenge in der Nahrung, der Art des Proteins, der Kalziumaufnahme und dem Säure-Basen-Haushalt der Nahrung ab.

Kalzium und Proteine haben eine positive Wechselwirkung und sind beim Knochenaufbau aufeinander angewiesen. Daher hat eine gute Kalziumzufuhr nur unzureichende Auswirkungen auf die Knochenqualität, wenn die Proteinzufuhr hinterherhinkt und umgekehrt. Gleiches gilt für die Supplementierung mit Vitamin D und Kalzium: diese Nährstoffe wirken sich bei einer höheren Proteinzufuhr positiv auf den Knochenaufbau aus, bei einer geringeren Proteinzufuhr jedoch wenig. Protein hat vermutlich eine direkte anabole (aufbauende) Wirkung auf das Knochengewebe und ist auch für den Muskelaufbau wichtig. Letzteres ist sehr wichtig: Der Erhalt starker Knochen hängt schließlich stark vom Erhalt einer guten Muskelmasse und -funktion ab.

Der Nachteil, dass eine höhere Aufnahme von (tierischen) Proteinen zu einer erhöhten Kalziumausscheidung führt, scheint durch eine erhöhte Kalziumaufnahme aus der Nahrung ausgeglichen zu werden. Auch der Einfluss von (säurebildenden) Proteinen auf den Säure-Basen-Haushalt ist vermutlich deutlich geringer als die alkalisierende Wirkung von Obst und Gemüse. Es ist besser, eine höhere Zufuhr von Obst und Gemüse anzustreben, als die Proteinzufuhr zu reduzieren.

Was zeigt uns die Wissenschaft bezüglich des frühen Belastens nach Knochenbrüchen?

Jetzt wo du weißt, dass man durch Krafttraining Knochenaufbau stimulieren und Knochenabbau hemmen können, ist es vielleicht logisch, dass man bei Knochenbrüchen von früher Belastung profitiert. Trotzdem wird oft sehr vorsichtig gehandelt wobei mehrere Wochen bis Monate nicht belastet wird.

Immer mehr Studien zeigen uns aber, dass man früher belasten kann als man oft denkt und dass dies große Vorteile mit sich bringt. Ein Beispiel dazu ist das „permissive weight bearing (schmerzadaptierte Belastung) protocol“, ein Behandlungsprotokoll entwickelt vom Unfallchirurg Prof. Dr. Poeze.5 Ziel des Protokolls ist, dass der Patient unmittelbar nach der Wundheilung das alte normale Gangbild wiedererlangt.

Das Protokoll wurde eingesetzt bei 53 Patienten und für sechs Monate nach der Operation verglichen mit 53 Patienten wo die konventionelle Ruhephase (3 Monate) verordnet war.  Es wurde festgestellt, dass die permissive Belastungsperiode 6 bis 12 Wochen dauerte. Von dieser Gruppe von Patienten konnten 98 Prozent innerhalb von drei Monaten nach der Operation mit vollem Gewicht gehen, verglichen mit 55 Prozent in der Kontrollgruppe. Darüber hinaus konnten keine Unterschiede in der Anzahl der Komplikationen festgestellt werden und beurteilten die Teilnehmer der Untersuchungsgruppe nach 2, 6, 12 und 26 ihre Alltagsfunktionen und Lebensqualität deutlich besser.

Unabhängig von der Diagnose geht die Tendenz generell immer mehr Richtung (frühe) Aktivität. Da wo man früher für eine Hüftprothese 4 Wochen im Krankenhaus lag, werden heutzutage in den Niederlanden die ersten Patienten am gleichen Tag noch nach Hause geschickt und werden die ersten Krankenhausabteilungen als Wohnzimmer eingerichtet, wo man nur nachts im Bett ist.

Quellenangabe

  1. KemmlerW, Bebenek M, Kohl M, Von Stengel S (2015) Exercise and fractures in postmenopausal women. Final results of the controlled Erlangen Fitness and Osteoporosis Prevention Study (EFOPS). Osteoporos Int 26:2491–2499
  2. Kemmler W, Haberle L, von Stengel S (2013) Effects of exercise on fracture reduction in older adults: a systematic review and metaanalysis. Osteoporos Int 24:1937– 1950
  3. Hinton, P. S., Nigh, P., & Thyfault, J. (2017). Serum sclerostin decreases following 12 months of resistance-or jump-training in men with low bone mass. Bone96, 85-90.
  4. Heaney, R. P., & Layman, D. K. (2008). Amount and type of protein influences bone health. The American journal of clinical nutrition87(5), 1567S-1570S.
  5. Kalmet, P. H., Meys, G., Horn, Y. Y. V., Evers, S. M., Seelen, H. A., Hustinx, P., … & Brink, P. R. (2018). Permissive weight bearing in trauma patients with fracture of the lower extremities: prospective multicenter comparative cohort study. BMC surgery18(1), 1-7.